Blick in die Zukunft

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01 Apr. 2008 16:58 #3297 von majati
majati antwortete auf Blick in die Zukunft
Ja, Gugs, da hast du natürlich Recht, was die Betreuung der Schwerbetroffenen angeht. Da ist ja der Arbeitsinhalt ein ganz anderer.

Meine in den Raum gestellte Frage bezog sich auch mehr auf die Leute mit beginnender bis mittlerer Demenz.

Ich wollte auch hier den Aspekt mit der Allgemeinbildung nicht unbedingt zum Threadinhalt machen. Er ist mir in der Arbeit mit Praktikanten nur aufgefallen.


Aber wenn man bedenkt, dass die therapeutische Betreuung ja oftmals von wesentlich Jüngeren durchgeführt wird, frage ich mich dennoch, wie die Arbeit in ein paar Jahrzehnten aussehen könnte, wenn viele junge Menschen nicht mehr bereit sind, sich näher mit der Problematik des Alterns zu beschäftigen.

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02 Apr. 2008 09:19 #3303 von Gugs
Gugs antwortete auf Blick in die Zukunft
Hallo Majati,
ist es denn für uns heutige Therapeuten wirklich so wichtig zu wissen, was in Zukunft passiert? Kann es sein, dass die Forschung vorangeht und die Ursache von Alzheimer entdeckt wird, es vielleicht Medikamente gibt etc.? Machen wir uns nicht Gedanken über Dinge, die wir jetzt gar nicht beantworten können? Ich bin schon ein wenig älter und habe viele junge Praktikanten gehabt. Wir alle mussten uns gemeinsam um die Kulturinhalte der vergangenen Zeit kümmern. Wenn man in diese Arbeit geht, muss man sich eben auch um Vergangenheit kümmern und das gilt für junge Kolleginnen und ältere. Wir haben es heute eigentlich ganz leicht, Dinge zu erforschen. Internet, CD`s mit Liedern aus vergangenen Zeiten usw. sind sehr leicht zugänglich. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass junge Menschen sehr aufgeschlossen sind, sich um der dementiell Erkrankten wegen, mit diesen Dingen auseinanderzusetzen, auch wenn sie bisher nichts darüber wußten.
Gugs

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03 Apr. 2008 19:20 #3327 von kinava
kinava antwortete auf Blick in die Zukunft
was ich aus dem thema lerne ist, zu versuchen, den stand, wovon ich ausgehe, klar zu benennen (falls wichtig), da sonst aufgrund der unterschiedlichen arbeitsbereiche von unterschiedlichen ausgangspositionen ausgegangen wird, es zu missverständnissen komt oder am gewünschten thema vorbeigeredet wird.

ich arbeite z.B. eher mit schwerst demenzkranken und dort ist die allgemeinbildung nicht mehr von sooo großer bedeutung ==> darum auch mein einwurf dazu.

ansonsten wie gesagt, interessante fragen!!!!!!!!
die antwort, wird sich wohl erst zeigen müssen ==> durch wen auch immer


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04 Apr. 2008 15:36 #3340 von Anonymous
Anonymous antwortete auf Blick in die Zukunft
Hallo Majati!

Dass unsere Gesellschaft jetzt mit der der jetzt Hochbetagten als sie noch im Berufsleben standen nicht mehr vergleichbar ist dürfte jedem klar sein.
„Stillstand ist der Tod“ sagt man immer so schön. Doch eben nicht nur die Gesellschaft, auch der darin befindliche Mensch entwickelt sich weiter; Dinge die früher wichtig waren treten in den Hintergrund, andere gewinnen dafür an Priorität.
Kommen Erkrankungen wie beispielsweise eine Demenz hinzu, sind oftmals nur noch die Aktivitäten des täglichen Lebens wie Essen, Schlafen, Ausscheiden, Kleiden etc. von Bedeutung, darüber hinaus scheint es oft nur wenig bis gar keine Interessen mehr zu geben, insbesondere da sich die jetzt Hochbetagten bei Renteneintritt oft keine weiteren Betätigungsfelder erschlossen haben.
Im Erhalt der Kompetenzen der AEDL-Bereiche jedoch wird man als Ergotherapeut meiner Meinung nach immer ein Betätigungsfeld findenl

Deine Meinung, dass jungen Praktikanten mit den von dir beschriebenen „Defiziten“ grundlegende Voraussetzungen fehlen um mit älteren Menschen in Kontakt zu treten, teile ich nicht.
Es sind doch ganz andere Kriterien, die einen Menschen zur Kontaktaufnahme mit anderen Menschen (Klientel egal) befähigen: Empathie, Kongruenz und Akzeptanz, oder nicht? Und dazu natürlich die Neugier und echtes Interesse am gegenüber. Das sind meiner Meinung nach grundlegende Voraussetzungen.
Alles andere kann man sich aneignen. Und letzten Endes lerne ich jeden Tag im Umgang mit den Hochbetagten von den Hochbetagten…sie erweitern meinen Wissensstand der damaligen Zeit durch die biografischen Gespräche.
Sie zeigen mir, wie man Maschen zum Stricken aufnimmt und nicht umgekehrt, wie die Strophen des Schlesierliedes lauten usw.
Also ich knüpfe an die Kompetenzen der Bewohner an…daher stellt sich mir gar nicht die Frage „Wie sieht Ergotherapie bei Demenz also in einigen Jahren aus?“

Liebe Grüße,
Cassiopeia

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04 Apr. 2008 16:42 #3344 von majati
majati antwortete auf Blick in die Zukunft

Cassiopeia schrieb:
Deine Meinung, dass jungen Praktikanten mit den von dir beschriebenen „Defiziten“ grundlegende Voraussetzungen fehlen um mit älteren Menschen in Kontakt zu treten, teile ich nicht.
Es sind doch ganz andere Kriterien, die einen Menschen zur Kontaktaufnahme mit anderen Menschen (Klientel egal) befähigen: Empathie, Kongruenz und Akzeptanz, oder nicht? Und dazu natürlich die Neugier und echtes Interesse am gegenüber. Das sind meiner Meinung nach grundlegende Voraussetzungen.
Alles andere kann man sich aneignen. Und letzten Endes lerne ich jeden Tag im Umgang mit den Hochbetagten von den Hochbetagten…sie erweitern meinen Wissensstand der damaligen Zeit durch die biografischen Gespräche.
Sie zeigen mir, wie man Maschen zum Stricken aufnimmt und nicht umgekehrt, wie die Strophen des Schlesierliedes lauten usw.
Also ich knüpfe an die Kompetenzen der Bewohner an…daher stellt sich mir gar nicht die Frage „Wie sieht Ergotherapie bei Demenz also in einigen Jahren aus?“

Liebe Grüße,
Cassiopeia


Ich sehe es ja genauso.
In meiner Arbeit gehe ich nicht anders vor als du.

Meine Beobachtung von "Nachfolgern" in der Ergo ist aber leider die, dass eben deine angesprochenen Fähigkeiten wie Empathie usw.... immer weniger ausgeprägt sind und damit die Möglichkeit fehlt, eben kompetenzzentriert zu arbeiten.

Ich habe festgestellt, dass es deutliche Berührungsängste gibt, die eine offene Arbeit mit Demenzerkrankten erschwert.
Und das finde ich schade.


Im übrigen haben sich hier inzwischen mehrere unterschiedliche Fragen manifestiert.

- Welche Inhalte könnten zukünftig eine Rolle spielen?

( Denn es wird vielleicht so sein, dass bestimmte Themen wie z.B.Sprichwörter, Lieder, Märchen usw.einfach keine Bedeutung mehr haben werden, weil sie in der heutigen Vermittlung kaum noch eine Rolle spielen. )

- Welche Anforderungen werden an zukünftige Therapeuten gestellt?

( Denn auch das wandelt sich mit den eigenen Erfahrungswerten. )


Also, mich beschäftigen diese Fragen nach wie vor, weil mich interessiert, worauf ich als eventuell Betroffene mal hoffen kann....

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04 Apr. 2008 21:20 #3350 von Ruthf650
Ruthf650 antwortete auf Blick in die Zukunft
Neues Bild der Ergotherapie?
Ich bin eher der Meinung, dass wir uns das eigentliche Bild der Ergotherapie wieder ansehen sollten.
Nichts ist wichtiger als Handeln. Und das ist auch bei hochgradig Dementen nicht nur auf Essen und Trinken begrenzt.
Jeder kann an ein Handwerk herangeführt werden. Es muss nur entsprechend angepasst sein. Ich denke an das Arbeiten mit jeder Art von Farben, oder mit Holz. Die Demenz kann ich zwar nicht damit umkehren, aber ich kann hier ein Auseinandersetzen mit der eigenen Geschichte auslösen.
Und das bezieht sich auch auf einen Beitrag von oben, der Auslöser einer Demenz auch im psychischen Bereich sieht.
In dem Alten- und Dementenbereich erfordert die Arbeit sehr viel Geduld und viel Fingerspitzengefühl. Aber es funktioniert.
Ich arbeite in einem ländlichen Bereich, in dem fast alle Bewohner auch aus der Landwirtschaft kommen. Und dann noch aus einer Zeit, als für Hobbies und Handwerk im künstlerischen und ausdrückenden Sinn sicher keine Zeit war. Die Bewohner sind stolz, was sie "doch noch geschafft" haben. (Auch wenn sie es oft am nächsten Tag nicht mehr wissen) Aber das gute Gefühl bleibt.
Insgesamt kann ich feststellen, dass die Bewohner dadurch auch ruhiger werden und weniger Schmerzen äußern.
Mein Appell: besinnt auch aufs Handeln, aufs Be-greifen, auf Handwerk in welcher Form auch immer.
Damit habe ich Ausdauer, Konzentration, Verbesserung der Grob- und Feinmotorik, Kommunikation, Tonusausgleich, Kraftsteigerung, Tendenz zum aktiven Sitzen, Verbesserung der Atmung, und und und.......

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04 Apr. 2008 22:11 - 05 Apr. 2008 09:25 #3353 von kinava
kinava antwortete auf Blick in die Zukunft
mir ist grad unter dusche was klar geworden 

augenmerk liegt ja meist auf erhalt der ressourcen in jedem bereich

bei mir liegt er vornehmlich auf:
Erhalt der Lebensqualität und Lebensfreude sowie der größtmögliche eigenen, persönlichen und ganz speziellen Integrität des Bewohners, so lang wie möglich und wie immer diese aussehen mag

aus dieser sicht heraus könnte ich mir vorstellen, als ergotherapeut in einrichtungen oder anderen formen beratend zur seite zu stehen.

dazu ist sicher einige zeit der beobachtung und gleichzeitig mitarbeit in den vorgefundenen strukturen notwendig. dann kann geschaut werden, was läuft gut, wo sind veränderungen zum wohle der bewohner möglich. ausgehend von dem bestehenden system können veränderungen dann in verschiedenen ebenen durchgeführt werden.
  • in der optimaleren organisation des arbeitsablaufes
  • einführung von struktur und übersichtlichkeit
  • umgang mit bewohner
  • beleuchtung von verhaltensweisen der bewohner
  • schulung der beobachtungsgabe in hinblick auf die bewohner
  • zusammenarbeit mit und einbeziehung von angehörigen
  • wie kann das interesse und das aha erlebnis bei den PP geweckt oder wieder hervorgekramt werden
  • schaffung optimalerer bedingungen in dem was die bewohner leben und dazu benötigen
  • wie kann ich sedierung von bewohnern vermeiden, damit diese nachts schlafen anstatt herumzuwandern und andere bewohner zu stören
  • wie kann ich ein bewusstsein schaffen, wann ist bedarfsmed wirklich nötig
  • wie kann ich verj´hindern, dass bedarfmed als standartmed benutzt wird
  • wie sieht die wertschätzung der HL/PDL gegenüber den mitarbeitern aus
  • interdisziplinäre zusammenarbeit
  • zusammenarbeit therapie und pflege
  • abbau von ängsten der PP (z.B. protektoren weil vielleicht mal stürzen könnte; einteiler, weil einmal in eingewöhnungsphase mit kot geschmiert, einschränkung in bewegungen wegen angst vor stürzen)
  • wie ist die situation im team untereinander
  • wie können die unterschiedlichen arbeitsweisen zusammengeführt werden zum optimum für den bewohner
  • was wollen die bewohner
  • welche PP sind für den bereich predistiniert, welche sind veilleicht auch überfordert mit der situation
  • wie können mitarbeiter entlastet werden, falls diese überfordert sind, ohne sie zu entlassen
  • wie können ängste um arbeitsplatzverlust dieser mitarbeiter genommen werden
  • wie findet man mitarbeiter, die für diesen bereich geboren sind
  • wie können mitarbeiter ihren fähigkeiten entsprechend eingesetzt werden (da jeder so sein bestes geben kann)
  • was sind die fähigkeiten des einzelnen
  • welchen finanziellen aufwand haben die unterschiedlichen umstrukturierungen
  • wie sehen neue konzepte aus
  • was passiert mit alte eingesessenen bewohnern, die nicht in diese neuen konzept passen ( z.b. umstellung auf einen reinen demenzbereich)

puuh, schwitz, kam grad alles mal so raus. wer weiß, wer weiß.
und wer finanziert den ergo-berater? ??? nun ja, alle zu seiner zeit

sicher derzeit kein typisches aufgabengebiet eines ergos vielleicht auch nur etwas, was ICH mir mal vorstellen könnte - eine erweiterung des ergo-berufes? über den tellerrand schauen ist dabei sicher die devise und sicher ein harter brocken, der seitens der PDL, HL, PP und aller beteiligten viel mut und wille erfordet, alte strukturen aufzulösen.

kinava

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05 Apr. 2008 08:54 #3355 von majati
majati antwortete auf Blick in die Zukunft
Hallo kinava,

deine Ideen unter der Dusche find ich richtig gut!  :)

Theoretisch müsste dies so oder ähnlich ja bereits heute laufen.
Aber, wie du schon sagst, ist eine Art Berater oder Begleiter in den nächsten Jahren unabdingbar.

Auch die Arbeit verstärkt im häuslichen Umfeld außerhalb von Einrichtungen find ich ein interessantes Feld.


Danke für deine Gedanken!

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