Wenn ich dement werde

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29 März 2007 19:02 - 04 Aug. 2008 21:41 #249 von Anonymous
Wenn ich dement werde wurde erstellt von Anonymous
Schaut mal, was ich im Internet gefunden habe:


Wenn ich dement werde,
verstehe ich nicht das Abstrakte, schwach formulierte, ich will sehen, spüren und begreifen, wovon Du sprichst.

Wenn ich dement werde,
habe ich das Gefühl, dass andere mich schwer verstehen und genauso ist es schwer für mich, andere zu verstehen.
Mach Deine Stimme ganz leise und guck mich an, dann verstehe ich Dich am besten. Mache nur wenige Worte und einfache Sätze und versuche herauszufinden, ob ich alles verstanden habe. Guck mich an, berühre mich
und lache, bevor Du mit mir sprichst. Vergesse nicht, dass ich oft vergesse.

Wenn ich dement werde,
habe ich oft keine Lust, spazieren zu gehen, aber ich weiß hinterher, dass es mir besser geht.

Wenn ich dement werde,
möchte ich gute Musik hören von damals, aber ich habe vergessen, welche. Lass sie uns zusammen hören, ich vermisse das. Ich mag auch gerne singen, aber nicht alleine.

Wenn ich dement werde,
dann ist da manchmal gar nichts, wenn ich begreifen soll, aber vielleicht begreife ich besser, als Du denkst.

Und wenn ich dement werde und sage, ich will nach Hause,
dann antworte mir ernsthaft, damit ich merke, dass Du weißt, dass ich mich im Moment sehr unsicher fühle.

Verfasser unbekannt


Quelle: Link deaktiviert, da unerreichbar. (EbeDe-Team)

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29 März 2007 19:13 #251 von Zumakaa
Zumakaa antwortete auf Wenn ich dement werde
sehr schön und regt sehr zum nachdenken an

In unseren Pflegekreisen geistert das folgende Gedicht umher, leider immer ohne jegliche Quellenangabe, ich hab auch leider online keine gefunden. Ich kopiers mal einfach rein - für Fehler "hafte" ich nicht  ;)

Was seht ihr Schwestern?
Was seht ihr Schwestern,was seht ihr?

Denkt ihr, wenn ihr mich anschaut:
Eine mürrische alte Frau,
nicht besonders schnell, verunsichert in ihren Gewohnheiten,
mit abwesendem Blick,
die ständig beim Essen kleckert,
die nicht antwortet, wenn ihr sie anmeckert,
weil sie wieder nicht pünktlich fertig wird.
Die nicht so aussieht, als würde sie merken, was ihr macht
und ständig den Stock fallen lässt und nicht sieht, wo sie geht,
die willenlos alles mit sich machen lässt:
Füttern, waschen und alles, was dazu gehört.

Denkt ihr denn so von mir ,Schwestern, wenn ihr mich seht, sagt?
Öffnet die Augen, Schwestern! Schaut mich genauer an!
Soll ich euch erzählen, wer ich bin,
die hier so still sitzt,
die macht, was ihr möchtet und ißt und trinkt, wann es euch passt?

Ich bin ein zehnjähriges Kind
mit einem Vater und einer Mutter, die mich lieben
und meine Schwester und meinen Bruder.
Ein sechzehnjähriges Mädchen, schlank und hübsch,
die davon träumt, bald einem Mann zu begegnen.
Eine Braut, fast zwanzig,
mein Herz schlägt heftig beim Gedanken an die Versprechungen,
die ich gegeben und gehalten habe.
Mit fünfundzwanzig noch habe ich eigene Kleine,
die mich zu Hause brauchen.
Eine Frau mit dreizig, meine Kinder wachsen schnell und helfen einander.
Mit vierzig, sie sind alle erwachsen und ziehen aus.
Mein Mann ist noch da und die Freude nicht zu Ende.
Mit fünfzig kommen die Enkel, die sie erfüllen unsere Tage,
wieder haben wir Kinder-mein Geliebter und ich.

Dunkle Tage kommen über mich, mein Mann ist tot.
Ich gehe in eine Zukunft voller Einsamkeit und Not.
Die meinen haben mit sich selbst zu tun,
aber die Erinnerungen von Jahren und die Liebe bleiben mein.
Die Natur ist grausam, wenn man alt und krumm ist
und man wirkt etwas verrückt.

Nun bin ich eine alte Frau, die ihre Kräfte hahin siechen sieht
und der Charme verschwindet.
Aber in diesem alten Körper wohnt immer noch ein junges Mädchen,
ab und zu wird mein mitgenommenes Herz erfüllt.
Ich erinnere mich an meine freunde, ich erinnere mich an meine Schmerzen
und ich liebe und lebe mein Leben noch einmal,
das all zu schnell an mir vorübergeflogen ist
und akzeptiere kühle Fakten, das nichts bestehen kann.

Wenn ihr eure Augen
AUFMACHT
SCHWESTERN
so seht ihr nich nur eine mürrische alte Frau.
Kommt näher, seht
MICH!

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30 März 2007 15:51 #260 von majati
majati antwortete auf Wenn ich dement werde
Ich finde beide Sachen auch total schön und aufschlussreich!

Weitere Dialoge dieser Art, die mich diese Menschen mal aus deren Blickwinkel erleben lässt, gibt es in dem "Mutbuch für pflegende Angehörige und professionell Pflegende" von Daniela Flemming.

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27 Juli 2009 18:14 #6535 von Ns
Ns antwortete auf Wenn ich dement werde
Aus der Sicht einer Heimbewohnerin:

Ein Andernmal

Bewahre mich vor der Beschäftigungstherapeutin, o Herr!
Sie meint es gut, aber ich habe zu viel zu tun, um Körbe zu flechten.
Einen Tag möchte ich nocheinmal erleben, den Julitag, an dem Sam und ich Beeren sammeln gegangen sind.
Ich war achtzehn. Mein Haar war lang und dick.
Und ich flocht es zu einem Zopf, den ich mir um den Kopf wand,
damit es sich nicht im Dorngebüsch verfing. Als wir uns zur Rast in den Schatten setzten, liess ich es herunter, und es fiel mit auf die Schultern.
Und da machte Sam mir einen Antrag. Vielleicht war es ein bisschen ungehörig von mir, ihn so mit meinem Haar verliebt zu machen, aber wir haben eine gute Ehe geführt....
Aha, da kommt sie, die Therapeutin, mit Schere und Klebstoff.
Ob ich es mit Ausschneidearbeit versuchen möchte.
" Nein", sage ich, "ich habe keine Zeit." "Unsinn", sagt sie, "Sie werden noch sehr, sehr lange leben."
Das meine ich nicht. Ich meine, das ich mein Leben lang viel getan habe,
für andere, mit anderen. Ich muss einiges nachholen
In meinem Denken und Fühlen. Zum Beispiel, was Sam's Tod betrifft.
Kurz vor dem Ende fragte ich ihn, ob ich irgendetwas für ihn tun könne.
" Ja", sagte er, "Löse dein Haar." Ich sagte: "Ach Sam, das ist jetzt so dünn und grau."
" Bitte", sagte er, "Löse dein Haar". Ich tat es und er streckte die Hand aus -
Die durchsichtige Haut, man sah die blauen Adern -
Und streichelte mein Haar.
Wenn ich die Augen schließe, kann ich es fühlen, Sam.
" Machen sie bitte die Augen auf,"
sagt die Therapeutin
" Sie wollen doch nicht den ganzen Tag verschlafen."
Sie will wissen, was ich früher gemacht habe, stricken, häkeln?
Ja, ich habe das alles gemacht
Und gekocht und geputzt
Und fünf Kinder aufgezogen
Und alles mögliche erlebt.
Schönes und Schreckliches.
Ich muss über diese Dinge nachdenken,
muss sie in den Fächern meines Geistes ordnen.
Die Therapeutin zeigt mir glitzernde Perlen.
Sie fragt, ob ich vielleicht Schmuck machen möchte.
Und weil sie ein gutes Kind ist und es gut meint,
Sage ich ja, vielleicht,
Ein andernmal.

Autor: Leider Unbekannt   

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02 Aug. 2009 10:17 #6556 von @@@@@
@@@@@ antwortete auf Wenn ich dement werde
Deine Hand so weich und warm
nimmt die meine zum Gruße an,
oder auch zum festen Griff.

Neben Halten und Gehalten werden,
zwischen Geben und Nehmen.
Ohne Ahnung für die meisten von uns,
ist der Gebrauch der Hand
in der Pflege die größte Kunst.

Ohne aber hinzuspüren,
wenn sich Haut und Hand berühren,
oft die Schmerzen größer sind.
Zeigt dir selber, wenn es dir gelingt,
wie anders ich jetzt reagiere,
wenn ich deine Liebe spüre.

Weil deine Hand das Werkzeug ist,
mit der du all dein Tun vermittelst.
Ohne Ahnung, dass ich spüre
wie im Moment deine Gedanken sind.
Zusammen als Einheit,
ohne Trennung sie dir gegeben sind.
Oft ziehst du Handschuhe an,
weil Hygiene Vorschrift ist.
Weißt du, dass es schrecklich ist,
wenn meine Haut nur Plastik spürt?
Es ist so selten geworden,
dass jemand mich berührt.

Oder hast du vor mir Angst,
mit Gefühl mir zu begegnen?
Offensichtlich die Barriere ist,
weil du nie die Distanz vergisst.
Nähe ist nicht leicht für dich.

Ohne Angst nicht zu ertragen.
Worte können niemals sagen,
was deine Hände wortlos geben:
sie sind Fluch oder der größte Segen.

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02 Aug. 2009 10:18 #6557 von @@@@@
@@@@@ antwortete auf Wenn ich dement werde
Gedicht

    Wenn ich einmal dement werde...
Soll mein Leben einfach und überschaubar sein. Es soll so sein,
dass ich jeden Tag das gleiche mache jeden Tag zur gleichen Zeit.
Wenn ich einmal dement werde...
Musst Du ruhig zu mir sprechen, damit ich keine Angst bekomme und nicht das Gefühl entsteht, dass Du böse mit mir bist. Du sollst mir immer erklären, was Du tust.
Wenn ich einmal dement werde...
Kann ich vielleicht nicht mehr mit Messer und Gabel essen,
aber bestimmt sehr gut mit den Fingern.
Wenn ich einmal dement werde...
Und Panik bekomme dann bestimmt, weil ich an zwei Dinge gleichzeitig denken soll.
Wenn ich einmal dement werde...
Bin ich meistens leicht zu beruhigen; nicht mit Worten,
    sondern indem Du ganz ruhig neben mir sitzt und meine Hand
    ganz fest hältst.
Wenn ich einmal dement werde:
Habe ich das Gefühl, dass andere mich schwer verstehen,
und genauso schwer ist es für mich, andere zu verstehen.
Mach Deine Stimme ganz leise und sieh mich an, dann verstehe ich Dich am besten. Mach nur wenige Worte und einfache Sätze.
Wenn ich einmal dement werde...
Sieh mich an und berühre mich, bevor Du mit mir sprichst.
Vergiss nicht, dass ich oft vergesse.
Wenn ich einmal dement werde...
Möchte ich Musik von damals hören, doch ich habe vergessen, welche. Erinnere Du Dich, und lass sie uns zusammen hören.
Ich mag gern singen, jedoch nicht allein.
Wenn ich einmal dement werde...
Denke daran, dass ich nicht alles verstehe, doch mehr als Du manchmal denkst.


    Verfasser: unbekannt

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