Hallo violet,
das sind in der Tat nicht die besten Voraussetzungen, um sich in einen für Dich wohl neuen Bereich einzuarbeiten.
"Die" Pflege hat leider immer oft noch ein ganz anderes Verständnis vom Umgang mit dementen Bewohnern. Es geht in ihren Augen oft nur darum, daß die BW "beschäftigt" sind, sich jemand anders um sie kümmert und sie selber in ihrer Arbeit nicht gestört werden. Das erlebe ich mit einigen wenigen vom Pflegepersonal auch immer noch. Meist sind sie in der Tat selber so genervt von "anstrengenden" BWn, (die es ja nun wirklich auch gibt), daß sie uns nur als Entlastung ansehen, die den Leuten Unterhaltung bieten sollen.
Eine Gruppe mit 20 Personen ist definitv nicht machbar.
Ich habe lange Zeit auch größere Gruppen (d.h. bis 10 Personen) machen können, inzwischen sind die meisten BW in ihrer Demenz so weit fortgeschritten, daß ich nur noch Kleinstgruppen (bis max. 3 Personen, teilweise noch "Zuschauer" dabei) bzw. viele Einzeltherapien machen kann. Die allerdings ganz anders aussehen, als ich es mal in der Ausbildung gelernt habe. So sind lange Therapieeinheiten mit diesem Klientel einfach nicht mehr machbar, weil die Konzentrationsspanne deutlich verkürzt ist.
Da ich auch keinen Extraraum (bringt seitens des Trägers der Einrichtung kein Geld
) habe, und ein mir bis vor kurzem noch zur Verfügung stehendes Wohnzimmer durch eine geplante Ummöblierung nur noch eingeschränkt zur Verfügung steht, mache ich viel in den beiden Wohnküchen beider Etagen. Dort verbringen die BW die meiste Zeit des Tages, da viele inzwischen immobil sind und wir nur noch wenige Läufer haben. Nebenher wuselt in diesen beiden Wohnküchen immer wieder auch das Pflegepersonal herum, ist mit Frühstück bzw. bald danach Mittagessen verteilen und eingeben beschäftigt und einige mischen sich auch immer wieder in meine Arbeit ein.
Ich bin da zwiegespalten in meiner Meinung: Einerseits will ich ordentlich und in Ruhe mit den BW arbeiten, andererseits sind sie dort zu Hause, nicht krank in dem Sinne, das man ein starres Therapieprogramm durchziehen muß und zuhause gehören auch Neben- und Lebens(!)geräusche usw. dazu.
Nachmittags ist es besser, also ungestörter, da ist weniger PP da und die sind dann meistens woanders. Deshalb habe ich meine Arbeitszeit dort jetzt auch mehr in den Nachmittag verlegt.
Oft gehe ich mit einzelnen BW auch auf deren Zimmer und arbeite dort mit ihnen. Das war für das PP auch noch nie ein Problem, zumindest habe ich noch nie etwas gehört deswegen. Ich arbeite also eigentlich sehr offen für das PP, so daß für sie (bzw. die meisten) sehr plausibel ist, was ich mache.
Aber das wirklich Wichtige ist, meiner Meinung nach, das sehr gute Kennen der einzelnen BW, die Biografie und auch, was in der Zeit, bevor ich komme, los war. So kann ich immer aktuell auf Befindlichkeiten reagieren und den BW mit meinen angebotenen Gesprächen und Aktivitäten dort abholen, wo er gerade steht. Natürlich habe ich auch einen Plan, was ich machen möchte, oft ist jedoch etwas ganz anderes gerade wichtiger und so arbeite ich meist sehr spontan.
Und: sich auf die Ebene des BW begeben, d.h. auf keinen Fall zu viel erwarten. Wir arbeiten in einem Bereich, wo erkrankungsbedingt keine Fortschritte mehr gemacht werden KÖNNEN. Hier sind oft schon ganz kleine Reaktionen des BW ein Erfolg. Ein Lächeln, die verbale Reaktion auf unser Tun (auch wenn wir KEIN Wort von dem verstehen, was der BW sagt), sich ändernde Mimik, das Wiederergreifen der hingehaltenen Hand bei schwerstdementen BW...
Ich versuche eigentlich in jedem BW den Menschen zu sehen, der er einmal war: ein Mensch, der im Leben stand und "wertvoll" (ich weiß, ein schwieriges Wort in dem Zusammenhang) war und es auch immer noch ist, auch wenn er viele Fähig- und Fertigkeiten nicht mehr beherrscht.
Das alles geht nur, wenn man Zeit für den einzelnen BW (ich habe übrigens nur ca. 25 min. pro BW pro Woche incl. Planung, Doku, Einkäufe, Deko und für was ich noch so zuständig bin....) hat.
Mein Fazit:
Demente in so großen Gruppen zu behandeln geht nicht.
Je dementer, desto kleiner die mögliche Gruppe.
Oft sind nur noch Einzeltherapien in kleinen bis kleinsten Zeiteinheiten möglich, auch das Gespräch auf dem Gang beim Hereinkommen zählt bereits dazu.
Der Pflegedienstleitung (oder wer auch immer Dir diese Vorgaben gemacht hat) klarmachen, dass Demente anders zu behandlen sind als "normale" Alte.
Und vor allem: selber locker bleiben und nicht zuviele Baustellen auf einmal beginnen
.
Ich weiß nicht, ob Dir das jetzt geholfen hat, aber es ist vielleicht ein Mini-Eindruck eines Teils meines Arbeitsplatzes, dessen Ausgangsbedingung Deinem recht ähnlich scheint.
Es ist ein Auf und Ab so wie auch die BW bessere und schlechtere Tage haben und wir es in der Regel mit mehr sich verschlechternden "Zuständen" zu tun haben.
Und das müssen wir aushalten können!
LG von Annelise
(Sooo viel wollte ich eigentlich gar nicht schreiben...)