Süddeutschen Zeitung plant die Nürnberger Behörde, schwer Vermittelbare bei der Pflege von Demenzkranken in Heimen einzusetzen. Das mit der BA verabredete und in der Gesundheitsreform festgelegte Programm ist durchaus umstritten. Dennoch soll es am 1. September starten.
Ein neues Vorhaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) soll tausende Langzeitarbeitslose künftig verstärkt in Pflegeheime vermitteln. Nach einem Bericht derBeschlossene Sache
Die neuen Arbeitskräfte sollen mit den Patienten den Alltag verbringen und sie beschäftigen. Sie könnten Demenzkranken vorlesen oder für sie einkaufen gehen. Für kommende Woche plant der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) den Beschluss einer entsprechende Richtlinie.
Grundlagen
Hintergrund der Aktion ist das neue Pflegegesetz. Demnach dürfen Heime künftig zusätzliches Personal zur Betreuung von Demenzkranken einstellen. Für 25 Demenzkranke kann ein Heim dann eine zusätzliche Pflegekraft einstellen, deren Kosten die Pflegeversicherung übernimmt. Nach Berechnungen der BA entstünden auf diese Weise bundesweit etwa 10.000 Stellen.
Qualifizierung der Pflege-Assistenten
Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung, der auch die Qualifikationsanforderungen für die Alltagsbetreuer festlegt, plant offenbar nur eine Kurzausbildung. In dem Entwurf für die Umsetzungs-Richtlinie heißt es, die Bewerber müssten Pflege-Erfahrung und unter anderem "eine positive Haltung gegenüber kranken, behinderten und alten Menschen" haben. Zudem sollten sie teamfähig und zuverlässig sein. Letztlich bestehe die Schulung der Erwerbslosen allerdings nur aus 100 Theoriestunden, 60 Praxisstunden sowie einigen Praktika. Vergleichbare Lehrgänge in der Vergangenheit hätten 900 Stunden Schulung vorgesehen. Derzeit werden überall in Deutschland Bewerberpools gebildet.
Politiker haben wenig Bedenken
Zustimmung für das Vorhaben kommt aus der Politik. Laut Unions-Fraktionschef Volker Kauder müsse zwar die menschliche Eignung der Bewerber im Vordergrund stehen und nicht die schwere Vermittelbarkeit. Aber wenn die Menschen für diese Aufgabe qualifiziert sind, sei der Plan in Ordnung. Auch ist die Rede von einem "humaneren Alltag" für die betroffenen Demenzkranken.
Eine Frage der Qualifikation
Pflegevertreter hingegen kritisieren die Pläne der BA, da möglicherweise zu wenig qualifiziertes Personal zu finden sei und die Heime mit Einbußen der Qualitätsstandards rechnen müssten. Schon heute suchten viele Heime verzweifelt nach geeignetem Pflegepersonal. Bei der Bundesagentur für Arbeit waren zuletzt 10.157 Stellen für Altenpfleger und Altenpflegehelfer gemeldet. Und das obwohl 30.000 Menschen mit dieser Qualifikation arbeitslos gemeldet waren.
Helmut Wallrafen-Dreisow, Mitglied des Kuratoriums Deutsche Altenhilfe, wendet sich gegen eine befürchtete Abwertung der Demenzkrankenbetreuung: "Demenz gleichzusetzen mit Basteln, Vorlesen und Spazierengehen ist eine Unverschämtheit." Die Grünen-Pflege-Expertin im Bundestag, Elisabeth Scharfenberg, reklamiert: "Man muss sich für diesen Beruf entscheiden und kann nicht hinein-entschieden werden."
Auswirkungen auf andere Berufsgruppen
Es heißt, man wolle den Langzeitarbeitslosen ausschließlich Betreuungsaufgaben zuweisen und sie nicht für Pflegeleistungen einsetzen. Hierfür sei weiterhin eine spezielle Ausbildung nötig. Offen bleibt zunächst, inwieweit dieser Plan dem realen Alltag genügen kann und in welchem Maße er sich auf andere Berufsgruppen wie Pflegepersonal oder auch Ergotherapeuten in Heimen tatsächlich auswirken wird.
Ihre Meinung ist gefragt!
Diskussionen über die Gefahr, dass vorhandene professionelle Arbeitskräfte durch kostengünstigere Altentherapeuten, Ehrenamtliche oder Alltagsbetreuer verdrängt werden, sind in vollem Gange. Reden Sie mit im EbeDe.net-Forum, bei ErgoXchange oder im Pflegenetz-Forum!
(Quellen: Berliner Morgenpost, Topnews, FAZ, N24, Süddeutsche Zeitung)