Buchcover: Ich spreche für mich selbst. Menschen mit Demenz melden sich zu WortWie denken Menschen, die an Demenz erkrankt sind? Was sind ihre Ängste und was wünschen sie sich von der Umwelt? Dieser Frage widmet sich der vom Demenz Support Stuttgart herausgegebene Sammelband. In Kurzgeschichten und Einzelaussagen erzählen Erkrankte von ihrem Schicksal.

Zwischen Katastrophe und Chance

Alle berichten von Anfang an mit schonungsloser Ehrlichkeit: Von der Verzweiflung, als sie die Diagnose bekamen. Von der Schwierigkeit, ihr Leben nach der Diagnose zu gestalten. Die Auseinandersetzung mit der Erkrankung gestaltet sich bei jedem anders: Einige empfinden die Zeit nach der Diagnose als Katastrophe, andere sehen die Erkrankung als Chance, ihr Leben zu ändern und neue Dinge auszuprobieren.

Die Gefühlswelt der Erkrankten verstehen

Unterteilt in die Kapitel "Direkt", " Nachgefragt", "Starke Stimmen" und "Handeln" wird hier unter anderem vom Wunsch nach Integration und von Problemen mit dem sozialen Umfeld berichtet. Mit dem Fortschreiten der Erkrankung fällt die Kommunikation immer schwerer und zwischenmenschliche Beziehungen verändern sich. Alltägliche Dinge wie das morgendliche Waschen sind häufig nicht mehr ohne Hilfe möglich. Diese und viele andere Probleme greifen die Demenzkranken auf und verdeutlichen ihre Gefühle in solchen Situationen. Hierbei verändert der ganz persönliche Erzählstil eines jeden Einzelnen die Sichtweise des Lesers und vermittelt zwischen den Zeilen ausreichend Wissen über die Erkrankung, um Erkrankte besser zu verstehen.

Sich nicht unterkriegen lassen

In diesem Buch wird aber nicht nur über die Probleme mit der Demenz berichtet. Auch von den vielfältigen Ressourcen, die trotz allem noch vorhanden sind ist die Rede. So singt der eine das humorvolle Lied vom "Heim an der Alz", der andere gründet die Selbsthilfegruppe Scottish Dementia Working Group. So räumen die Betroffenen mit dem Vorurteil auf, sie seien zu nichts mehr allein in der Lage. Denn häufig ist es so, wie der Betroffene Karsten Kandler es zuspitzt: "Für manche Menschen in meiner Umgebung ist mein Problem größer als für mich".

Fazit

Hinter diesem Buch steckt eine wirklich schöne und sinnvolle Idee. Es will den Lesern die Gedankenwelt Demenzkranker verdeutlichen und anderen Betroffenen Hoffnung machen. Die spärliche Bebilderung des Buches trägt ihren Teil dazu bei, denn so liegt die Konzentration hauptsächlich auf dem gut strukturierten Inhalt. Leser, die bereit sind auch einmal zwischen den Zeilen zu lesen, erhalten hier wertvolle Anregungen für den Alltag mit demenzkranken Menschen. Es ist kein Fachbuch, aber es verändert die Sichtweise des sozialen Umfeldes.

Demenz-Support Stuttgart (Hrsg.) (2010): Ich spreche für mich selbst. Menschen mit Demenz melden sich zu Wort. Frankfurt am Main: Mabuse-Verlag. 162 Seiten. ISBN: 978-3-940529-54-1.

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