Buchcover 'Demenz. Therapeutische Behandlungsansätze für alle Stadien der Erkrankung' von Gudrun SchaadeErgotherapeuten aus dem geriatrischen Fachbereich fragen sich oft: "Wie sieht die bestmögliche Therapie meiner demenzerkrankten Patienten aus? Wo sollte ich meine Schwerpunkte setzen? Bei welchen Behandlungsmethoden haben andere Ergotherapeuten Erfolg?" Grundlagenliteratur über das Krankheitsbild gibt es bereits en masse, allerdings nur wenige ergotherapeutische Handlungsanleitungen. Nun ist ein neues, interessantes Buch auf den Markt gekommen: "Demenz. Therapeutische Behandlungsansätze für alle Stadien der Erkrankung". Gudrun Schaade thematisiert in ihrem Werk erstmalig die Sensorische Integrationstherapie im Zusammenhang mit Demenzerkrankten und schließt durch Interventionsvorschläge bei Korsakow-Patienten eine Lücke in der ergotherapeutischen Literatur.

Sensorische Integrationstherapie und Korsakow-Syndrom

Sehr plausibel legt die Ergotherapeutin Gudrun Schaade dar, warum Sensorische Integrationstherapie nicht nur bekanntermaßen für Kinder, sondern auch für Demenzerkrankte eine sinnvolle Behandlungsmethode ist. So reagieren Demenzerkrankte instinktiv auf Sinnesreize und Ergotherapeuten können dadurch die Patienten aus ihrer "eigenen Welt" locken, damit die Erkrankten sich selbst und ihre Umwelt stärker wahrnehmen. Da die Hände laut der Autorin viele Ansatzpunkte für die Therapie liefern, widmet sie diesen Körperteilen ein ganzes Kapitel mit dem Titel "Die Hände als wichtiges Sinnesorgan Demenzkranker".

In einem weiteren Kapitel thematisiert Gudrun Schaade das Korsakow-Syndrom. Diese Erkrankung kann durch Alkoholsucht entstehen. Das Korsakow-Syndrom - auch als amnestisches Syndrom bekannt - darf nicht mit einer Demenz verwechselt werden. Die ergotherapeutische Behandlung dieses Syndroms verläuft deshalb auch anders als bei einer Demenzerkrankung. Sie zielt stärker auf die Kognition ab.

Außerdem beschäftigt sich die Autorin in ihrem neuen Werk verstärkt mit Religiosität bei Demenz. Alle Inhalte ihres Buches stellt sie immer zuerst wissenschaftlich vor und spannt dann einen Bogen zur Praxis.

Zielgruppe

Ergotherapeuten fällt beim Lesen vermutlich auf, dass Gudrun Schaade sie kaum als Berufsgruppe nennt, stattdessen fast immer den allgemeinen Begriff "Therapeut" nutzt. Somit stellt sich die Frage, an wen sich das Buch genau richtet. Laut Interview wendet sich die Autorin primär an Ergotherapeuten, jedoch seien auch Pflegekräfte und andere Therapeuten in der Psychiatrie und Altenpflege sowie Angehörige und Interessierte zum Lesen eingeladen. Möglicherweise haben der Verlag oder die Autorin als Zielgruppe "Therapeuten" gewählt, um eine größere Leserschaft anzusprechen. Das Buch ist auch wegen der großen Themenvielfalt, Alltagsorientierung und des Grundlagenwissens für alle Therapeuten geeignet, die mit Demenzerkrankten arbeiten. Allerdings würde eine stärkere Betonung des Berufsbildes "Ergotherapie" dem oft noch unbekannten Beruf gut tun.

Fazit

Für Ergotherapeuten, die sich mit der Sensorischen Integration, dem Korsakow-Syndrom und der Theorie zur Kognition und Wahrnehmung näher beschäftigen möchten, ist das Buch sehr gut geeignet. Es enthält neue Ideen und Denkanstöße zur Behandlung von Demenzerkrankten, besonders bei Einzeltherapien. Doch hebt sich die Darstellung vieler anderer therapeutischer Zugänge und theoretischer Grundlagen kaum von der in Gudrun Schaades Klassiker "Ergotherapie bei Demenzerkrankungen" ab. Richtig spannend wird das Buch für Kenner erst ab dem Kapitel "Sensorische Integration und Demenzerkrankung". Dort erklärt die Autorin sehr gut die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Anwendungen dieser Behandlungsmethode auf einerseits Kinder und andererseits Demenzkranke. Trotz erweiterter Zielgruppe erhalten insbesondere Ergotherapeuten nach wie vor viele wertvolle Tipps von Gudrun Schaade.

Schaade, Gudrun (2009): Demenz. Therapeutische Ansätze für alle Stadien der Erkrankung, Heidelberg: Springer. 140 Seiten. ISBN: 354089540X. 39,35 Euro.

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