Der Gesprächsbedarf unter den Ergotherapeuten war groß. Darum trafen sich am 13. März 2011 mehr als 60 Ergotherapeuten zum 3. Ergoforum Demenz im Diakonissenkrankenhaus Karlsruhe-Rüppur. Ziel war ein informeller Austausch über die Arbeit mit Demenzkranken, organisiert von der Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg e. V. Dass diese Organisation auch Ergotherapeuten als hilfreiche Anlaufstelle dient, unterstrich der Auftaktbericht der Vorsitzenden Sylvia Kern.
Reger Austausch in Arbeitsgruppen
Der Ergotherapeut und Demenzexperte Sebastian Voigt-Radloff lud die Teilnehmer zur Diskussion in drei Arbeitsgruppen ein: „Ergotherapie in der Alten- und Tagespflege“, „Ambulante Ergotherapie“ und „Ergotherapie in der Akutpsychiatrie“. In den Gruppen konnten die Teilnehmer über ihre Arbeit berichten und Wünsche und Schwierigkeiten äußern. Was alle Teilnehmer gemein hatten: Individuelle Befunderhebung und bestmögliche Interventionen für Klienten waren ihnen ebenso wichtig wie die Möglichkeit gute Fortbildungen wahrzunehmen. – Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, doch bei vielen Stimmen wurde deutlich, dass in vielen der vorgestellten Arbeitsbereiche ganz spezielle Schwierigkeiten lauern und ein großer Leidensdruck bei den Therapeuten herrscht.
Hindernisse überwinden
Ergotherapeuten in der Alten- und Tagespflege klagten über das immer noch nicht abgelegte Basteltanten-Image. Das Pflegepersonal verkenne ihre Arbeit als eine nette Beschäftigung der Bewohner: „Ich würde jetzt auch gern mit Frau Müller Waffeln backen, stattdessen muss ich sämtliche Personen lagern, das ist viel anstrengender!“ Mehrere Altenheime, die Ergotherapeuten suchen, schreiben ihre Stellen nicht unter dieser Berufsbezeichnung aus, sondern zum Bespiel als „Soziale Betreuung“. Wie auch im letzten Jahr dominierte das Thema „Alltagsbegleiter“ die Diskussionen. Alltagsbegleiter können seit 2008 nach einer zweimonatigen Weiterbildung in der sozialen Betreuung arbeiten. Seitdem haben Ergotherapeuten Angst um ihren Arbeitsplatz. Oft auch berechtigt: Manch einer berichtete, dass Alltagsbegleiter bereits Ergotherapeuten ersetzt haben. Aus Arbeitgebersicht wunderbar, da diese noch weniger verdienen! Dass die Therapie der Bewohner wegfällt und sie nur noch beschäftigt werden, schien nicht zu stören. Eine Teilnehmerin berichtete allerdings über ein positives Beispiel: Die Alltagsbegleiter in ihrer Einrichtung würden sich sehr gut für die Betreuung Demenzkranker eignen, denn sie übernehmen Arbeiten, für die sie als Ergotherapeutin überqualifiziert sei. Darunter fallen zum Beispiel die Dekoration des Wohnbereichs oder Arztbesuche.
Ambulant arbeitende Ergotherapeuten sprachen über schwindende Verordnungen, sobald es sich ausschließlich um eine Demenzerkrankung handelt. Bei multimorbiden Patienten seien Ärzte weniger restriktiv. Viele Ärzte würden den Sinn der Ergotherapie bei Demenz nicht mehr sehen, hätten diese Patientengruppe bereits aufgegeben. Als problematisch sahen die Teilnehmer auch das Verschreibungsverhalten, wenn es um die Frage der Therapieform ging: Oft würden Ärzte entweder nur Physio- oder nur Ergotherapie verschreiben. Deshalb käme es immer wieder zu einer Ergotherapiepause.
Ergotherapeuten in der Akutpsychiatrie berichteten über zu stark dosierte Medikamente. Das behindere die Therapie enorm. Das sei immer wieder Thema in den Gesprächen im interdisziplinären Team. Interessant im Abschlussplenum: Ergotherapeuten, die in der Akutpsychiatrie arbeiten, sind mit ihrem Image und ihrer Außenwirkung auf andere Berufsgruppen deutlich zufriedener, als Ergotherapeuten im Pflegeheim.
Fazit
Die Herausforderungen, denen sich Ergotherapeuten in den jeweiligen Arbeitsbereichen stellen müssen, sind sehr speziell, allerdings nicht unüberwindbar, wie einzelne positive Beispiele zeigen konnten. Dementsprechend hat sich das 3. Ergoforum Demenz als Plattform für den Austausch untereinander gelohnt. Gerne nächstes Jahr wieder!
Dieser Beitrag erscheint in der Ausgabe 3/2011 der Fachzeitschrift ergopraxis.